Aktionsgemeinschaft Unterelbe (AGU) und Regionales Bündnis gegen Elbvertiefung laden zum Info-Abend
Zu einer Informationsveranstaltung über wachsende Havariegefahren auf der Unterelbe am 7. Mai 2015, 19 Uhr, in den Seelandhallen in Otterndorf laden zwei profilierte Elbfreunde ein: Bürgermeister Harald Zahrte (Samtgemeinde Land Hadeln) als Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Unterelbe sowie AG-Osteland-Vize Walter Rademacher als Sprecher des Regionalen Bündnisses gegen Elbvertiefung.
Zahrte und Rademacher schlagen Alarm: Der Verkehr großer und größter Containerschiffe auf der Elbe hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Seit dem Ende der 1960er Jahre wurde das Fahrwasser mit zwei Eingriffen zwar um weitere 3 m vertieft, aber die Fahrrinnenbreite blieb unverändert: Sie beträgt bis Glückstadt 400 m, weiter elbaufwärts bis zur Lühemündung 300 m und bis zum Hamburger Hafen nur noch 250 m.
„CSCL Globe“, 400m lang, 58,6m breit, Ladekapazität 19.100 TEU
Die Schiffsgröße hat in diesen 45 Jahren von 213 auf 400 m Länge und von gut 30 auf fast 60 m Breite zugenommen, wobei die Stellplatzkapazität von 1.500 auf über 19.000 TEU stieg. Nach internationalen Standards müsste die Fahrrinne für diese Schiffe mindestens 450 m breit sein.
Die Aktionsgemeinschaft Unterelbe e.V. (AGU) und das Regionale Bündnis gegen Elbvertiefung (ReBügEl) verfolgen diese Entwicklung mit zunehmender Besorgnis und laden gemeinsam am 7. Mai 2015 um 19.00 Uhr zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Havariegefahren auf der Unterelbe“ in den Seelandhallen in Otterndorf ein.
Folgende Themen und Referenten stehen auf dem Programm:
- Einleitung: Besorgnis der Kommunen / Stand des Klageverfahrens – Zahrte/Rademacher
- Nautische Verhältnisse auf der Elbe im internationalen Vergleich – Klaus Schroh
- Gefahrgüter auf Containerschiffen – Wasserschutzpolizei Hamburg
- Navigations- und Funkausrüstung als Risikofaktor für Havarien – Horst Domnick
- Folgen von Havarien für die Umwelt – Carlo van Bernem
- Havarierisiken anhand von Beispielen und Risikofaktoren – Walter Rademacher
- Bedeutung der Havarierisiken für das Zulassungsverfahren zur Elbvertiefung – Dr. Walter Feldt
Zunächst war noch das Thema „Risiken, Aufgaben, Schutz- und Bergungsmöglichkeiten im Havariefall auf der Elbe“ durch einen Referenten des Havariekommandos geplant, doch die Behörde sagte ihre Teilnahme aus personellen Gründen ab.
Einige Beispiele für Havarien moderner Containerschiffe in zeitlicher Reihenfolge zeigen, dass die Gefahren durch Havarien großer Containerschiffe real sind. Sie sollten Anlass zur überfälligen Kurskorrektur für die Verantwortlichen an der Tideelbe sein:
- 19.02.2008: „Maersk Santana“ (335 m Länge, 8.500 TEU) läuft auslaufend nach Maschinen- und Ruderausfall (Blackout) auf Lühesand auf und drehte sich bei ablaufendem Wasser um 180° bevor ein Schlepper eintraf.
- 12.07.2012: „MSC Tanzania“ (Länge 294 m, 4.545 TEU) treibt mit Maschinenschaden vor der Lühemündung quer in der Fahrrinne.
- 23.07.2012: „London Express“ (Länge 294 m, 4.612 TEU) Maschinenausfall auslaufend Höhe Airbus Finkenwerder. Das Schiff treibt mit der Ebbe eine halben Stunde bis zum Kraftwerk Wedel (7 Strom-km), ohne dass Schlepper eingegriffen haben oder eingreifen konnten. Glücklicher Umstand: Absolut ruhiges Wetter und nahezu völlig geradeaus verlaufendes Fahrwasser.
- 14.07. 2012: „MSC Flaminia“ (300 m Länge, 6.750 TEU) gerät nach einer Explosion auf dem Atlantik in Brand. Das Löschen der teilweise gefährlichen Ladung vom schwimmfähigen Schiff in einem leeren Hafen dauerte fünf Monate(!). Ein solches Ereignis auf der Elbe mit Strandung, Ebbe und Flut ist unvorstellbar.
- 22. 09. 2013: „Dresden Express“ (294 m Länge, 4.639 TEU) kommt wegen Kursabweichung auf der Elbe vor der Ostemündung fest.
- 29. 09. 2014: „Colombo Express“ (335 m Länge, 8.750 TEU) kollidiert wegen wahr-scheinlichen Ruderversagens mit „Maersk Tanjung“ im Suez-Kanal.
- 11. 01. 2015: „Maersk Edison“ (366 m Länge, 13.000 TEU) wird in Wilhelmshaven losgerissen und muss mit 6 Schleppern mit zusammen ca. 450 t Pfahlzug an der Pier gesichert werden. Auf der Elbe gibt es keine ausreichende Schlepperkapazität, die im Havariefall schnell genug vor Ort sein kann.
- 31. 01.2015: „Umm Salal“ (366 m Länge, 13.000 TEU) kommt wegen Maschinenausfalls auf der Tideschelde fest. Der Wettlauf gegen die Zeit bei fallendem Wasser wurde knapp gewonnen.
- 19. 03. 2015: „Choapa Trader“ (294 m Länge, 5.300 TEU) gerät beim Auslaufen aus dem Waltershofer Hafen am Nordufer der Elbe auf Grund und bekommt kurzfristig Schlagseite.
Zahrte und Rademacher: „Diese Ereignisse machen deutlich, dass das Ausblenden der Havariegefahr im Planfeststellungsbeschluss zur 9. Elbvertiefung nicht gerechtfertigt ist. Havarien, aus welchen Gründen auch immer, können jederzeit und überall, d. h. auf jedem Revier und an jeder Stelle passieren.“
CSCL Pacific Ocean beim Erstanlauf am 5. Februar 2015 auf der Elbe bei Balje