Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung lässt auch formell rechtsstaatliches Handeln vermissen

In ihrer Funktion als Staatsmacht können die Bundesländer im Rahmen des Grundgesetzes und ihrer eigenen Verfassungen für ihr Staatsvolk verantwortlich nur im engen Rahmen ihres Staatsgebietes handeln (Gebietsbezogenheit).
Der Deutsche Bundestag konnte als Gesetzgeber deshalb, als er für Ausbau und Neubau der Bundeswasserstraßen die vorherige Planfeststellung und nach § 14 Abs3 WaStrG in Sachen Landeskultur oder Wasserwirtschaft das Erfordernis des Einvernehmens der jeweils zuständigen Landesbehörden festlegte, davon ausgehen, dass der Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Entscheidungen der an solchen Verfahren beteiligten Bundesländer gewahrt bleibt. Getrost darf man deshalb den folgenden Tatbestand als einmalig in der Bundesrepublik bezeichnen.
Im Bereich Elbemündung (ab Ostemündung elbabwärts) ist der Verlauf der gemeinsamen Landesgrenzen zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein gesetzlich nicht geregelt. Das wird von der Planfeststellungsbehörde, der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel, und z. B. der Niedersächsischen. Landesregierung nicht bezweifelt. Unter anderem ergibt sich das auch aus der Begründung zur Ablehnung eines Antrages (Nr. 02), der zu Beginn der in Cuxhaven vom 4. bis 6. Mai 2009 durchgeführten Anhörung wegen dieses nicht zu überwindenden Mangels des Verfahrens verlangte, das Erörterungs-/Planfeststellungsverfahren auszusetzen bzw. sofort zu beenden. Entschieden wurde darüber erst mit Zustellung der Niederschrift im November 2009. Die Grenzen zwischen den Bundesländern Schleswig-Holstein und Niedersachen im Bereich der Unter- und Außenelbe ließen sich „ohne weiteres in gesetzeskonformer Weise bestimmen“, entschied man. Das hatte der Antragsteller nicht bezweifelt. Ihm geht es bis heute „um ein wirklich rechtsstaatliches Verfahren“.

Bei ungeklärtem „Grenzverlauf“ soll durch Abschluss von Staatsverträgen oder, soweit ausreichend, durch den Abschluss von Verwaltungsabkommen für die Beteiligten Planungssicherheit geschaffen werden. So das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport im Zusammenhang mit der Aussage, dass im Bereich der Elbmündung (unter Einbeziehung von Hamburg) der Verlauf der gemeinsamen Landesgrenze mit Schleswig-Holstein noch zu klären sei. Für die Festlegung ist der Abschluss eines Staatsvertrages erforderlich (MI im Internet-Portal). Bis heute aber gibt es einen solchen Staatsvertrag bzw. eine gesetzliche Regelung  nicht. Die Frage der strittigen Landesgrenze im Bereich der Elbe hat im Zusammenhang mit dem Einvernehmen keine Rolle gespielt und wird dies voraussichtlich auch künftig nicht tun, so der Nds. MU am 9.3.2012.

In der Bundesrepublik Deutschland sind gesetzliche Grundlagen Maßstab und auch Grenzen des rechtsstaatlichen Handelns. Dies bewirkt Transparenz, Berechenbarkeit, Schutz vor Willkür und effektiven Rechtsschutz. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, wenn die zuständige Planfeststellungsbehörde den seit Jahren dargestellten und ihr bekannten Sachverhalt in ihrem jetzt veröffentlichten Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung nicht ausreichend würdigt. Sie stellt (Ziff. 9) darin lapidar fest, beide Bundesländer hätten ihr Einvernehmen erklärt, so dass in jedem Falle die Pläne festgestellt werden konnten. Eine Fehlerhaftigkeit des Verfahrens sei damit nicht verbunden. Eine Begründung dafür, wenigstens von den beteiligten Bundesländern eine gesetzesfeste und damit eine endgültige Regelung der strittigen Grenzfragen zu schaffen bzw. diese im Laufe des jahrelangen Verfahrens noch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses verlangt zu haben, lässt die Planfeststellungsbehörde vermissen. Auch die Forderung an die Länder, dies im Zusammenhang mit der Entscheidung über das Einvernehmen zu tun, ist nicht erkennbar.
Im Interesse des Grundsatzes einer gesetzmäßig handelnden Verwaltung und im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln der Verwaltung wäre ein anderes Vorgehen zwingend notwendig gewesen. Das Handeln der Planfeststellungsbehörde kann im Sinne von Rechtsstaatlichkeit nicht hingenommen werden und ist insoweit rechtswidrig. Denn dass sich die beteiligten Länder über den Verlauf der gemeinsamen Grenze evtl. einig sind, vermag den rechtlichen Mangel nicht zu heilen. Das gilt auch dafür, dass die Länder ihr Einvernehmen erteilt haben.
Der geschilderte Sachverhalt verlangt, diese Zusammenhänge in eine Klagebegründung mit aufzunehmen.

23.6.2012     Peter Locht, Cuxhaven
 

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