Bundesverwaltungsgericht legt der Hansestadt die Karten

Die Hamburger Repräsentanten waren vorsorglich in Leipzig nicht erschienen und hatten ihre Vertreter vorgeschickt, als das Bundesverwaltungsgericht seine jüngste Entscheidung zur geplanten neunten Elbvertiefung verkündete, das Klageverfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes EuGH auszusetzen. Mit dieser Auslegung der Europäische Wasserrahmenrichtlinie durch den EuGH ist aber erst im Frühjahr 2015 zu rechnen. Offen ist zudem, welche weiteren Risiken in der EuGH-Entscheidung stecken. Die endgültige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist erneut auf unbestimmte Zeit verschoben.

Neben der Aussetzung des Verfahrens rügte das Gericht sehr differenziert erhebliche und weitreichende Mängel der Planungen, die trotz jahrelanger Nachbesserungen immer noch bestehen. Sie zu heilen kann Jahre dauern – wenn es überhaupt gelingt. „Mit diesem Beschluss wurde Hamburg der geforderte Freibrief für den Umgang mit der Elbe verweigert“, sagte der Sprecher des Regionalen Bündnis gegen Elbvertiefung, Walter Rademacher, „die gesetzlichen Anforderungen sind auch für die Elbe anzuwenden.“ In der Kritik des Gerichts standen neben dem Artenschutz auch die Umweltverträglichkeitsprüfung, die korrekte Berücksichtigung der FFH-Richtlinie, die Ausgleichs- und Kohärenzmaßnahmen sowie die Berücksichtigung des Integrierten Bewirtschaftungsplanes Elbeästuar.

_MG_4668Die zur „Jahrhundertentscheidung für Hamburg“ hochstilisierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wurde zur schallenden Ohrfeige für die Beklagten, die sie trotz des großen Medieninteresses nicht mehr kommentieren mochten. Die Entscheidung ist in einigen Punkten von grundsätzlicher Bedeutung. Die Enttäuschung war ihnen anzusehen.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde trotz der Fülle und Bedeutung der Kritikpunkte nicht aufgehoben, wie das Gericht betonte. Das erscheint für die Planer zunächst tröstlich. Offen ist aber, ob die Nachweise und Ergebnisse der geforderten Untersuchungen aus sachlichen Gründen den größten Eingriff aller Zeiten am Ende ganz verbieten. Jetzt sind sachgerechte und machbare Alternativen wie Ausweichmöglichkeiten und mehr Breite gefragt.

Angesichts der glänzenden Entwicklung des Hamburger Hafens mit der größten Umschlagsteigerung gegenüber den Konkurrenten und dem Anlauf der größten Schiffe wie kürzlich der „Emma Maersk“ kann man die Leipziger Entscheidung gelassen sehen. Allerdings ist immer weniger nachvollziehbar, wozu die Vertiefung um bis zu 2,42 m noch erforderlich sein soll. Die großen Schiffe müssen ohnehin bei Hochwasser einlaufen, weil sie nur dann im Hamburg gedreht werden können. Die Tiefe der Fahrrinne ist dabei egal.

Es wird zunehmend unverständlich, warum man in Hamburg unbeirrbar an der überholten Planung einer weiteren Vertiefung festhält und die Entwicklung der Schiffe zu mehr Breite und Länge anstelle von Tiefe ignoriert. An der Schelde haben sich Hafenlobby und Umweltschützer schon vor Jahren auf einen Kompromiss verständigt und längst realisiert. In Hamburg dagegen hat man den Dialog mit den Umweltschützern bisher stur verweigert und belässt es bei der gebetsmühlenartigen Wiederholung der längst widerlegten Behauptungen. Das kann man sich offenbar leisten, denn der Hafen boomt auch ohne Elbvertiefung.

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Anmerkung: „Krokodilstränen“ entstehen, wenn Krokodile für besonders große Beute das Maul besonders weit öffnen müssen…

 

 

 

Krokodilstränen in Hamburg
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