Zur Ursache der „CSCL Indian Ocean“-Havarie und Folgerungen

Zum Festkommen

Im NDR  Hallo Niedersachsen und einigen Zeitungen wird berichtet, dass die Indian Ocean bewusst von den beiden Bord-Lotsen auf der holsteinischen, schlickigen Fahrwasserseite auf Grund gesetzt worden ist. „Man wollte vermeiden, dass die steinige niedersächsische Böschung dem Schiff andernfalls bedrohlich hätte werden können.“

Wir fragen uns, wie es möglich sein kann, dass ein Schiff mit Ruderschaden oder Ruderausfall bewusst auf der linken Fahrwasserseite auf Grund gesetzt wurde, zumal das Schiff gemäß Aussage des Lotsenältermanns Lodemann offensichtlich noch halbwegs beherrschbar war. Sein Vergleich mit dem plötzlich einrastenden Lenkradschloss während einer PKW-Fahrt steht der gezielten Aufgrundsetzung auf der Backbord-Seite des Fahrwassers allerdings entgegen. Wenn das Schiff noch beschränkt beherrschbar war, warum konnte es nicht mit Hilfe von Querstrahlrudern in der Fahrrinnenmitte bei reduzierter Fahrtgeschwindigkeit gehalten werden?

Zum Fehlen des Steuerbord-Ankers

Es widerspricht internationalen Regelungen, dass ein Schiff mit nur einem Anker ohne Auflagen ein Revier befahren darf. Inzwischen scheint festzustehen, dass die „CSCL Indian Ocean“ die Elbe mit nur einem Anker befahren hat; diese Einschränkung der vollen Seetauglichkeit hätte in der „Schifffahrtspolizeilichen Genehmigung“* mit einer besonderen Auflage verbunden sein müssen. Diese hätte ggf. einen Eskortschlepper zur Folge haben müssen. Hier ist die ausstellende WSV (WSA Cuxhaven oder die Außenstelle der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt) gefragt. Möglicherweise ist der fehlende Anker auch bei der Antragstellung unterschlagen worden, dann wäre die ermittelnde Wasserschutzpolizei gefordert.

Zur Fahrrinnenbreite:

Unsere Gesellschaft hat eine ausführliche Recherche über die notwendige Fahrrrinnenbreite auf den einzelnen Elbeabschnitten erarbeitet und sich hierbei an den Empfehlungen einer internationalen Commission (PIANC) orientiert; desgl. haben wir einen Vergleich mit anderen Hafenzufahrten unter Einschluss auch der Jade vorgenommen. Ergebnis: Bei dem auf der Elbe herrschenden häufigen Begegnungsverkehr hätte die vertiefte Fahrrinne des gesamten Unterelbeverlauf eine Mindestbreiter von 450 m haben müssen (statt der 300m –250 m ab Glückstadt bzw. Wedel ), auch der mit 480 m Wendekreisdurchmesser vor den Containeranlagen in Hamburg hätte 600 bis 800 m Durchmesser haben müssen. Dem Verkehrsminister und der Planfeststellungsbehörde liegen die ausführlichen Darstellungen vor, eine Antwort vermissen wir trotz mehrfacher Erinnerung.

Unser Fazit: Ein Fahrwasser, dessen vertiefte Rinne seit 1968 keine durchgehende Erweiterung erfahren hat – trotz zwischenzeitiger 80%iger Verkehrssteigerung bei enorm gewachsenen Schiffsabmessungen – bedeutet eine unverantwortliche Gefährdung von Schiffssicherheit und Umwelt. Die mit der Elbvertiefung geplante Fahrrinnenverbreitung von 20 m ist demgegenüber eine „lächerliche Anpassung“. Daraus folgt: Die Elbvertiefung für Containerriesen bedeutet eine zusätzliche Gefährdung und ist abzulehnen.

Diese Havarie ist ein Hinweis auf den möglichen Worst Case, d.h. ein trassengebundener Containerriese – mit dem Hochwasserscheitel aufkommend – kommt am Trassenrand fest und legt sich mit ablaufender Ebbe bei einem Tidefall von 3,00 – – 3,60 m quer**. Die Folgen eines Treibstoffaustritts mit schwerem Heizöl sind nicht auszudenken.

Presseinfo der „Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz e.V.“ (G.N.U.)

Cuxhaven, 06.02.2016

Kapitän Klaus Schroh

(Pressesprecher der GNU)

* Die Genehmigung ist bei Containerriesen u.a. ab 330 m Länge notwendig.

** Schiffslänge übersteigt die Trassenbreite erheblich

Ungereimtheiten

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